Die Rollleine – Fluch oder Segen im Hundealltag
Die Rollleine scheint zunehmend an Beliebtheit zu gewinnen. Viele Hundehalterinnen schwören auf dieses Teil. Doch im Alltag mit dem Hund ist diese Leine nicht nur praktisch. Sie kann lästig sein, unpraktisch und sogar zur tödlichen Gefahr werden. Verwendest auch du sie schon?
Was ist eine Rollleine?
Die Rollleine ist umgangssprachlich besser als Flexileine bekannt. Flexi ist dabei eigentlich der Name einer der bekanntesten Herstellerfirmen von Rollleinen. Ein großer Griff aus Plastik ist das Kernstück der Rollleine. Dieser Griff ist gleichzeitig das Gehäuse für die aufgerollte Leine.
Diese kann aus einem Seil oder aus einem Gurt bestehen. Am Ende der Leine befindet sich ein Karabiner, der aus dem Griff heraussteht. An der oberen Seite des Griffes befindet sich dann noch eine Stopp-Taste. Der Karabiner wird am Geschirr des Hundes angebracht.
Photo: Luisella Planeta LOVE PEACE on Pixabay
Schon hat der Hund einen Radius, der der Länge der Rollleine entspricht. Zieht der Hund, rollt sich die Leine aus. Kommt er zurück, zieht sich die Leine selbstständig wieder ein. Drückst du auf die Stopptaste, kannst du den Hund stoppen. Die Leine wird sofort blockiert. Der Radius wird dadurch verringert.
Klingt doch eigentlich super, oder? Naja, leider nicht so ganz. Aber sehen wir uns die Vor- und Nachteile einfach einmal genauer an.
Die Vorteile der Leine
Ein ganz klarer Vorteil ist, dass man als Hundeführer stets saubere Hände hat. Führleinen sollten ja locker hängen. Da kann es schon mal passieren, dass sie in einer Pfütze landen oder auf der Erde nachgeschliffen werden. Die Rollleine zieht sich automatisch ein und bleibt auf diese Art immer sauber.
Die Länge der Leine ist individuell einstellbar. Es gibt sie nicht nur in verschiedenen Längen zu kaufen. Sie kann auch in der gewünschten Länge gestoppt werden. So hast du immer den richtigen Abstand zu deinem Hund.
Die Rollleine bietet deinem Hund deutlich mehr Bewegungsfreiheit als eine Führleine. Der Hund kann gemütlich in die Wiese marschieren und du kannst beruhigt am befestigten Weg stehen. Gerade in der freien Natur kann sich der Hund innerhalb seines Radius bewegen.
Ja, das war es auch schon mit den Vorteilen. Wie du gleich sehen wirst, gibt es eigentlich auch nur diesen einzigen wirklichen Vorteil. Denn die anderen Punkte bergen Gefahren in sich. Hier also die Nachteile.
Die Leine ist keine Erziehungshilfe
Die Rollleine ist nicht als Erziehungshilfsmittel geeignet. Wenn du diese Leine einsetzen möchtest, sollte dein Hund die Grundkommandos kennen und leinenführig sein. Verwendest du die Rollleine, wird der Hund immer ziehen, denn dann bekommt er mehr Leine und damit mehr Freiheit.
Es ist daher wichtig, mit dem Hund das ruhige Gehen mithilfe einer kurzen Leine zu üben. Geht der Hund zuverlässig neben dir, kannst du auch die Rollleine benutzen, denn er wird den möglichen Radius erst gar nicht ausnutzen.
Verwendest du jedoch ausschließlich die Rollleine, weiß der Hund nie, wie weit er sich von dir entfernen kann. Jederzeit könnte die Stopptaste gedrückt werden und der Radius ist kürzer als am Tag zuvor. Der Hund erlebt dadurch keine Sicherheit. Das kann an der Mensch-Hund-Beziehung kratzen.
Unsicheres Halten
Je größer der Hund, desto größer und schwerer der Griff der Rollleine. Das wird dir spätestens dann zum Verhängnis, wenn dein Hund mit Jagdtrieb ein Kaninchen sieht. Diese Leinen sind sehr schwer zu halten und können ganz leicht aus der Hand rutschen, falls der Hund mit Schwung anzieht.
Bei einer Führleine kannst du die Handschlaufe einmal um die Hand wickeln oder im Notfall mit der zweiten Hand die Leine greifen. Bei der Rollleine führt genau das zu schweren Verbrennungen oder gar Schnittwunden. Lässt du die Leine im Schreck los, fliegt das Gehäuse der Leine hinter deinem Hund her.
Im harmloseren Fall wird der Hund panisch und läuft, bis er irgendwo im Gebüsch hängen bleibt. Im schlimmeren Fall kann das schwere Gehäuse der Leine deinen Vierbeiner durch den Rückzug schwer verletzen.
Abgesehen davon ist es mühsam, mit dieser schweren Leine einen längeren Spaziergang durchzuhalten. Die Stärke und Größe der Leine sollte ja immerhin der Größe des Hundes entsprechen. Bei kleinen Tieren besteht das Problem naturbedingt nicht.
Hunde aus dem Tierschutz
Wenn du ein Tier aus dem Tierschutz bei dir aufnimmst, ist es meist kein Welpe mehr. Diese Hunde haben bereits so einiges hinter sich. Erzogen sind sie jedoch meist nicht. Das bedeutet, sie reagieren auf keine Kommandos und kennen auch keinen Rückruf.
Mit Glück kommt ein Tier zu dir, das Kommandos und Rückruf kennt. Das bedeutet jedoch nicht, dass das auch mit dir auf Anhieb einwandfrei funktioniert. Ihr beide müsst zuerst eine Bindung aufbauen. Erst dann wird dein Neuzugang zu dir Vertrauen fassen und lernen auf deine Kommandos zu hören.
Bei vielen Tierschutzorganisationen musst du unterschreiben, dass du deinen Hund in den ersten Monaten keinesfalls von der Leine lässt. Zusätzlich musst du ihn doppelt sichern. Das bedeutet eine Sicherung mit Sicherheitsgeschirr. Aus diesen Brustgeschirren kann der Hund nicht herausschlüpfen.
Für manch frischgebackene Hundehalterin mag das übertrieben klingen. Ist es aber keinesfalls! Es macht sogar sehr viel Sinn und du solltest dich unbedingt daran halten. Sichern, bis das Tier zu dir Vertrauen hat und erst dann Freilauf, wenn der Hund zuverlässig auf den Rückruf reagiert.
Für einen Hund, der gerade erst aus dem Tierschutz kommt, ist eine Rollleine daher ein absolutes No-Go. Es ist viel zu gefährlich, einen solchen Hund an dieser Leine zu führen. So kann weder eine Erziehung stattfinden, noch eine entsprechende Bindung aufgebaut werden.
Probleme bei einer Hundebegegnung
Ist die Rollleine auf volle Länge ausgefahren, ist die Kontrolle über den Hund nicht mehr gegeben. Kommt nun ein fremder Vierbeiner, kann das zu Problemen führen. Die Hunde beschnüffeln sich und drehen sich dabei meist um die eigene Achse. Nun sorgt die lange Leine dafür, dass beide Hunde innerhalb von kurzer Zeit völlig umwickelt sind.
Das kann ein Verletzungsrisiko darstellen. Sind beide Hunde verträglich, entfesselt man sie einfach. Die eingeengte Kommunikation kann jedoch zu Unstimmigkeiten führen. Eskaliert die Situation, kann es zu einer Beißerei kommen. Dann wird es entsprechend schwer, die Streithähne zu trennen.
Die Rollleine im Straßenverkehr
Gerade an viel befahrenen Straßen oder im Großstadtverkehr kann die Rollleine für den Hund sogar zur tödlichen Gefahr werden. Dessen sind sich die Benutzerinnen dieser Leinen meist nicht bewusst. Folgende Situation: die Leine ist ausgerollt und der Hund marschiert in entsprechendem Abstand vor oder hinter dir.
Plötzlich sieht er auf der gegenüberliegenden Seite etwas Spannendes. Das kann ein anderer Hund sein, eine Katze oder ein Mensch, der ihn irritiert. Der Hund sprintet also unvermittelt in Richtung dieses Objektes. Es wird niemandem gelingen, die Rollleine so rasch einzurollen, um den Hund rechtzeitig zu stoppen.
Ähnliches gilt für das Überqueren von Straßen. Ein kurzer Augenblick der Unaufmerksamkeit und der Hund läuft nach vorne oder bleibt einfach hinter dir auf der Straße stehen. Vielleicht liegt hier ein interessantes Leckerchen. Oder was passiert, wenn die Leine abrupt reißt? Bleibt nur zu hoffen, dass in diesem Moment kein Auto kommt.
Photo: Tug Pet Products on Unsplash
Die Rollleine in der Dunkelheit
Der Einsatz bei schlechten Lichtverhältnissen kann nicht nur für den Hund, sondern auch für Passaten oder Radfahrer fatale Folgen haben. Das dünne Seil ist dann kaum zu sehen und man erkennt nicht, dass der Hund eigentlich an einer Leine hängt.
Es gibt Leinen, die mit Reflektoren ausgestattet sind. Diese befinden sich aber meistens nur auf dem Gehäuse. Das Seil ist so gut wie nie reflektierend. Ein Reflektor kann aber auch nicht darauf befestigt werden. Dann könnte das Seil nicht mehr eingerollt werden.
Wann ist die Rollleine absolut ungeeignet?
Hast du einen Angsthund? Dann verzichte bitte unbedingt auf die Rollleine. Diese Hunde reagieren auf normale Alltagsgeräusche nicht selten mit Panik. Das bewirkt meist einen unvermittelten Satz zur Seite, der Hund versucht sich loszureißen oder wegzurennen.
Genau diese Situationen bergen das Risiko, dass dir die Leine aus der Hand rutscht. Sie poltert jetzt hinter deinem sowieso schon panischen Hund hinterher und versetzt ihn in noch mehr Angst und Schrecken. Stehen zu bleiben hilft dem Hund nicht, denn dann rast das Gehäuse direkt auf ihn zu – ein Teufelskreis. Bleibt nur zu hoffen, dass du deinen Hund rechtzeitig einholen kannst.
Die Erfahrungen
Ich bekenne mich schuldig – ich verwende eine Rollleine. Sie ist einfach total praktisch am Strand. Quincy kann laufen, aber keine Möwen jagen. Das macht er nämlich für sein Leben gerne. Die Leine zieht sich ein, wenn er näherkommt und so bleibt sie schön sauber.
Ja, es stimmt völlig, dass auch eine Schleppleine eine gute Sache wäre. Die ist aber innerhalb von Minuten voller Salzwasser und Sand. Dasselbe gilt für einen ausgiebigen Spaziergang entlang der Felder. Da erspare ich mir den Schmutz durch Erde und Schlamm. Außerdem habe ich ja auch noch Tequila an einer kurzen Leine, weil er bereits sehr schlecht sieht. Da wird das Hantieren mit Schleppleine mühsam.
In der Stadt verwende ich für beide Führleinen. So habe ich die Zwerge immer unter Kontrolle. Meine Tochter verwendet für ihre Hunde nur Führ- oder Schleppleinen. Eine Rollleine ist bei ihr ein absolutes No-Go.
Warum muss die Leine zum Problem werden?
Leider gibt es immer mehr HundehalterInnen, die die Rollleine auf eine absolut fragwürdige Art und Weise einsetzen. Hast du vielleicht auch schon erlebt, dass plötzlich ein riesiger Hund offensichtlich ohne Leine und Halter um die Ecke biegt. Erst kurz bevor er vor dir steht, bemerkst du das dünne Seil.
Das ist eine Situation, die für mich absolut unerklärlich ist. Niemand, wirklich niemand weiß, was seinen Hund erwartet, wenn er um die Hausecke geht. Da kann ein anderer Hund kommen, ein Radfahrer, ein Mensch, der Angst vor Hunden hat. Wie kann ich meinen Hund einfach vorlaufen lassen, ohne zu sehen wohin.
Es kann schlichtweg gefährlich sein. Warum denken manche Menschen nicht daran? Dieses Verhalten birgt nicht nur ein Risiko für den eigenen Hund. Hundehalterinnen sollten auch vor anderen Menschen oder Tieren soviel Respekt haben, dass dadurch niemand in eine unangenehme Situation gebracht wird.
Photo: Marek Szturc on Unsplash
Was ich in letzter Zeit leider auch immer häufiger beobachten muss, ist die völlig falsche Handhabung der Leine. Hunde mit Rollleine schießen plötzlich auf uns zu. Die Hundehalterin völlig überfordert, weil sie es nicht schafft, den Hund rechtzeitig zu sich herzuholen. Ein einfaches „hier“ würde vielleicht schon reichen.
In diesem Fall ist es das Beste, rechtzeitig in Deckung zu gehen oder umzudrehen. Nur so können wir unliebsame Konfrontationen vermeiden. Es gibt Hundehalterinnen, die stehen auf der einen Seite der Straße. Der Hund mit seiner Rollleine marschiert aber ganz einfach über die Straße zu anderen Hunden. Naja, gut, dass bei uns nicht viele Autos unterwegs sind.
Für mich sind derartige Begegnungen einfach nicht zu fassen. Zum einen haben meine Hunde absolut kein Interesse an Begegnungen mit fremden Hunden. Und ich habe definitiv kein Interesse daran, auf meine Hunde zu achten und dann auch noch einen fremden Hund an einem dünnen Seil unter Kontrolle zu halten.
Die Leine muss dem Gewicht des Hundes entsprechen
Ebenfalls offenbar modern ist, dass viele Hundehalterinnen nicht darauf achten, ob die Leine dem Gewicht des Hundes entspricht. Es gibt für jede Körpergröße, jedes Gewicht die richtige Größe von Rollleinen. Ich bin mir nicht sicher, ob das jeder weiß. Manchmal sehen wir Hunde wie Huskys oder Berner Sennenhunde mit Rollleinen, die für höchstens 10 Kilogramm ausgelegt sind.
Am Schlimmsten finde ich jedoch die Angewohnheit, den Hund trotz Rollleine mit Halsband zu führen. Eine Rollleine sollte stets an einem Brustgeschirr befestigt werden. Rollleine und Halsband bergen immer ein Risiko für das Tier.
Stell dir vor, der Hund marschiert brav an der Rollleine. Sie ist nur kurz ausgerollt. Plötzlich startet er los und läuft, was das Zeug hält. Entweder reagierst du und drückst die Stopp-Taste oder der Hund wird sowieso gestoppt, wenn das Ende der Leine erreicht ist.
Das, was jetzt passiert, ist für den Hund lebensgefährlich. Die Leine stoppt den Hund abrupt und reißt ihn zurück. Im schlimmsten Fall kann sich ein Hund dabei das Genick brechen. Verletzungen an der Halswirbelsäule sind in jedem Fall die Folge. All das kann ganz einfach mit einem Brustgeschirr vermieden werden.
Wie du siehst, ist die Verwendung dieser eigentlich praktischen Leine nicht immer die beste Idee. Mit ein wenig Respekt vor anderen Menschen und Hunden und ein wenig Gefühl könnten unangenehme oder gefährliche Situationen aber für alle vermieden werden.
Dos and Dont‘s
Nachfolgend noch einmal eine Zusammenfassung, weil die Punkte einfach zu wichtig sind:
- Verwende die Rollleine immer in Verbindung mit einem Brustgeschirr. Eine Rollleine, die am Halsband befestigt ist, kann schwere Verletzungen der Halswirbelsäule nach sich ziehen – im schlimmsten Fall sogar einen Genickbruch.
- In der Stadt und bei entsprechendem Straßenverkehr solltest du auf die Rollleine völlig verzichten. Sie ist dann zu gefährlich.
- Verwende die Rollleine nicht, wenn dein Hund sowieso schon an der Leine zieht. Sie verschlimmert das Problem nur.
- Achte stets darauf, dass du deinen Hund immer noch kontrollieren kannst. Du solltest ihn dabei immer im Blick haben. Trotz Rollleine solltest du zuerst um die Ecke gehen, damit du die Situation überblickst.
- Lass deinen Hund an der langen Leine nicht zu anderen Hunden. Die Gefahr, dass alle innerhalb kürzester Zeit gefesselt sind, ist zu groß.
- Kaufe die Rollleine immer in der richtigen Größe. Ab einer gewissen Gewichtsklasse wird statt des Seils ein Gurt verwendet. Das macht Sinn. Überprüfe die Leine regelmäßig auf ihre Funktion.
- Verwende die Leine nicht bei Angsthunden, bei mehreren Hunden oder in der Dunkelheit. Dasselbe gilt für einen Hund aus dem Tierschutz, der noch nicht an dich gewöhnt ist.
Titel: Taisiia Shestopal on Unsplash
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